WENN DIE SEELE SCHMERZTAUTOAGGRESSIVES ODER SELBSTVERLETZENDES VERHALTEN Von autoaggressivem oder selbstverletzendem Verhalten (SVV) spricht man, wenn jemand sich selbst körperliche Schmerzen oder Wunden zufügt, indem er sich z. B. ritzt. SVV geschieht meist in einer belastenden Situation, wenn der seelische Kummer zu gross ist. Oder die Betroffenen fühlen sich so isoliert und unverstanden, dass sie diese Leere kaum aushalten können. Sie ritzen sich, um den inneren Druck, die Spannungen oder Angst abzubauen und um die seelische Not mit körperlichem Schmerz zu überdecken. Oft gelingt ihnen erst so, sich selbst wieder zu spüren und zu beruhigen. EIN DEUTLICHER HILFERUF Von SVV betroffen sind mehrheitlich Mädchen, aber auch Jungen. Selbstverletzendes Verhalten ist immer ein Alarmsignal und ein Hilferuf, den man ernst nehmen sollte. Junge Menschen, die sich selbst verletzen, fallen oft spontan nicht auf. Sie sind meist nachdenklich, sensibel, aufmerksam und haben oft hohe Ansprüche an sich selbst. Sie sprechen nicht darüber, was sie bedrückt, haben vielleicht Hemmungen, negative Gefühle nach aussen sichtbar zu machen und verbergen, dass sie sich selbst verletzen. Um aus dieser Spirale zu kommen, brauchen sie Hilfe, Ermutigung und Unterstützung. Von ihrem Umfeld und von Fachpersonen. WAS TUN BEI SVV IM FREUNDESKREIS?Erste Anzeichen zu erkennen, dass im Alltag etwas nicht stimmt, ist für Freunde, Kollegen und auch Angehörige nicht immer einfach, weil SVV meist im Verborgenen stattfindet. SVV ist zudem in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. ANDEREN HELFEN UND AUF SICH ACHTEN Unterstützung hat viele Gesichter. Das kann auch bedeuten, dass du für Ablenkung sorgst. Z.B. könntest du dich zum gemeinsamen Sport verabreden. Sich auspowern hilft vielen, Stress und Druck abzubauen. Nicht allein zu sein, heisst, Grübelmomente und Einsamkeit zu vermeiden. Gut ist auch, wenn der/die Betroffene weiss, dass du ein offenes Ohr hast, unvoreingenommen zuhören kannst, das Erzählte ernst nimmst, jedoch nicht zusätzlich dramatisierst. Vielleicht verschaffst du dir zudem einen Überblick über Skills, sogenannte Ersatzhandlungen. Das sind Strategien, die den Betroffenen helfen, neue Handlungsmuster kennenzulernen, den Druck abzubauen, die Spannungen zu reduzieren und SVV zu vermeiden. NÜTZLICHE ADRESSEN IN DEINER REGIONDu möchtest direkt mit jemandem in deiner näheren Umgebung sprechen? Hier haben wir für dich Adressen zum Thema zusammengestellt. MEHR |
DU BIST SELBER BETROFFENFür Betroffene ist es sehr wichtig, dass sie sich schützen und Strategien und Alternativen zum schädigenden Verhalten kennenlernen. Jeder Mensch ist ganz unterschiedlich – entsprechend individuell sind die Lösungsansätze. Am besten wendest du dich an eine Jugendberatungsstelle, den kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst oder die Hausärztin/den Hausarzt. Da solltest du keine Hemmungen haben oder dich gar schämen – die Fachpersonen hören dir unvoreingenommen zu, behandeln alles Gesagte vertraulich und unterstehen der Schweigepflicht. EINE PASSENDE STRATEGIE FINDEN Wichtig ist, dass du die Strategie findest, die zu dir passt und die du jederzeit anwenden kannst, wenn es dir nicht so gut geht. Im Idealfall übst du diese Strategien regelmässig und findest heraus, wann dir was besonders gut tut. Durch die Routine integrierst du die Strategie nach und nach in deinen Alltag und kannst sie auch unter grosser Anspannung anwenden, wenn klares Denken schwerer fällt, weil sie dir rundum vertraut sind. Du hast dann sozusagen deine persönliche Notfallapotheke mit Handlungsmöglichkeiten parat, die dich schützen. WENN DER DRANG ZU GROSS IST Sollte der Drang zu SVV trotzdem übergross werden, helfen im Notfall Ersatzhandlungen, die nicht verletzen: die Telefonnummer 147 anrufen und sich das, was schmerzt, von der Seele reden, nicht allein sein, sich ablenken mit Sport, laut Musik hören und dazu tanzen, einen Eiswürfel auf die Hand drücken, in ein Kissen boxen oder ein Gummiband ums Handgelenk legen und spicken lassen – durch die Körperempfindungen, die dich aber nicht verletzen, holst du dich zurück auf den Boden. LINKSSensibel sein und viel fühlen, ist eine Stärke. Wichtig ist aber, die richtige Balance zu finden, um nicht zu sehr von den eigenen Gefühlen überflutet zu werden. Eine gute Tagesplanung mit vielen Pausen hilft, die Stresstoleranz zu erhöhen. Verletzt dich eine achtlos hingeworfene Bemerkung von Kollegen und du gerätst in eine Stimmung, die dich runterzieht? Hier findest du Tipps, wie du deine Sicht verändern und Distanz finden kannst. |
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